Abfindung

Abfindung
einmalige Geldentschädigung. – Vgl. auch  Barabfindung,  Kapitalabfindung.
I. Gesellschaftsrecht:A. bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft.
- 1. Ermittlung des Abfindungsbetrages: Die A. entspricht dem Betrag, der dem Ausscheidenden bei einer  Auflösung zum Zeitpunkt des Ausscheidens zu zahlen wäre. Der Betrag dieses  Auseinandersetzungsguthabens kann in einer festen Summe, ggf. unter Zubilligung von Raten bzw. in einer Rente entrichtet werden. Zur Feststellung des Wertes des Geschäftsvermögens wird eine  Abschichtungsbilanz aufgestellt. Sofern nichts Gegenteiliges vereinbart ist, sind  stille Rücklagen aufzulösen. Meist enthält der  Gesellschaftsvertrag Vorschriften über Kündigungsfristen, Bewertung und Fälligkeit der Auszahlungsraten.
- 2. Erfassung der A. bei Ausscheiden eines Gesellschafters in der Buchhaltung: a) Wenn der Ausscheidende mehr erhält, als sein Kapitalkonto bisher ausweist, ist das Kapitalkonto durch Auflösung stiller Rücklagen (meist Erhöhung der Anlagewerte oder des Vorratsvermögens) auf den Stand der A. zu bringen (Buchwertaufstockung).
- Buchungen: „Anlage- oder Umlaufvermögenskonten an Kapitalkonto“.
- b) Wenn die A. dem Stand des Kapitalkontos entspricht, erfolgt der Ausgleich bei Zahlung durch Buchung „Kapitalkonto an Geldkonto“.
- c) Wenn die A. unter dem Betrag auf dem Kapitalkonto liegt, muss das Kapitalkonto durch Abschreibung von Vermögenswerten oder Erhöhung von Rückstellungen der A. angepasst werden.
- 3. Einkommensteuer: a) Beim Ausscheidenden liegt eine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils vor (§ 16 I 2 EStG). Dabei gilt die A. als Veräußerungspreis. Ihm ist das steuerliche Kapitalkonto zum Zeitpunkt des Ausscheidens gegenüberzustellen. Entsteht ein  Veräußerungsgewinn, ist dieser, nach Abzug eines evtl.  Freibetrages, regulär zu besteuern; es ist jedoch eine Abschwächung von Progressionssprüngen vorgesehen (§ 34 I EStG). Es ist jedoch eine Abschwächung von Progressionssprüngen oder in seltenen Fällen sogar ein ermäßigter Steuersatz vorgesehen (§ 34 I, III EStG;  außerordentliche Einkünfte). Auf einen Veräußerungsverlust sind die Vorschriften über den  Verlustausgleich und Verlustabzug anzuwenden.
- b) Bei den verbleibenden Gesellschaftern ergeben sich nur dann steuerliche Konsequenzen, wenn die A. mehr oder weniger als das steuerliche Kapitalkonto des Ausscheidenden beträgt. Liegt die A. über dem Betrag des Kapitalkontos, haben sie die anteiligen stillen Reserven der Wirtschaftsgüter einschließlich eines evtl.  Firmenwertes erworben. Der Mehrbetrag der A. ist, verteilt auf die einzelnen Wirtschaftsgüter, zu aktivieren. Entsprechend sind bei einem Minderbetrag die Buchwerte abzustocken bzw. die Passivposten aufzustocken. Die Mehr- bzw. Minderbeträge sind in den Folgejahren entsprechend den Wirtschaftsgütern, denen sie zugeordnet wurden, fortzuführen (bes. abzuschreiben). Sonderfall des  lästigen Gesellschafters.
- 4. A. im Fall der Verschmelzung, Umwandlung oder Spaltung:  Spaltung,  Verschmelzung,  Umwandlung.
II. Arbeitsrecht:1. A. wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses: a) Gesetzlich vorgeschrieben nur in folgenden Fällen: (1) Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine Abfindung, wenn der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung darauf hinweist, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird und der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er die dreiwöchige Frist für die Kündigungsschutzklage verstreichen lässt und dies auch tut (§ 1a KSchG ). (2) Auflösungsurteil im Kündigungsschutzprozess: Der Arbeitgeber wird vom Arbeitsgericht zu einer A. verurteilt, wenn seine Kündigung unwirksam ist, aber das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers vom Gericht aufgelöst wird. Voraussetzung für den Antrag des Arbeitnehmers ist, dass Tatsachen vorliegen, die ihm die dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen; für den des Arbeitgebers, dass tatsächlich Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht erwarten lassen (§§ 9 I 1, 13 I 3 KSchG). Die vorzutragenden Tatsachen werden vom Arbeitsgericht geprüft und bewertet. (3) Bei Entlassung wegen  Betriebsänderung ohne Versuch eines  Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat (so vorhanden) oder Abweichung von diesem (§ 113 BetrVG).
- b) In Sozialplänen (§§ 112, 112a BetrVG) zum Ausgleich oder zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile, die Arbeitnehmer in Folge einer geplanten Betriebsänderung erleiden.
- c) Am häufigsten in Aufhebungsverträgen oder  Prozessvergleichen. Eine gesetzliche Regelung hierfür besteht nicht. Die A. dient hier der Vermeidung oder Beendigung von Kündigungsschutzprozessen.
- 2. Höhe der A. im Fall a): (1) Für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses 0,5 Monatsverdienste. Zeiträume über sechs Monate werden aufgerundet (§ 1a II KSchG). (2) und (3): Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten (§ 10 I KSchG); bis 15 oder 18 Monatsverdiensten bei überschreiten bestimmter Alters- und Betriebszugehörigkeitsgrenzen (§ 10 II KSchG). Im Fall b): Sozialplan. Im Fall c): Verhandlungssache; die Faustregeln der Gerichte für Vergleichsvorschläge sind unterschiedlich, meist aus § 10 KSchG abgeleitet (z.B. halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, altersabhängig auch mehr) und berücksichtigen bes. nach längerer Prozessdauer auch oft das Prozessrisiko.
- 3. Die A. unterliegt nicht dem Pfändungsschutz für Arbeitsentgelt ( Lohnpfändung).
- 4. A. nach 1a) und c) genießen im  Insolvenzverfahren kein Vorrecht. Für A. bei Sozialplan in der Insolvenz vgl. Sozialplan.
- 5. Bei Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, v.a. bei  außerordentlicher Kündigung, können in der A. Lohnteile enthalten sein, die nach § 143a SGB III in bestimmten Grenzen zum Ruhen des Arbeitslosengeldes führen.
- 6. Steuerrecht: a) Beim Arbeitnehmer: A. wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses sind bis höchstens 7.200 Euro einkommen- bzw. lohnsteuerfrei (§ 3 Nr. 9 EStG). Der Freibetrag erhöht sich je nach Alter und Anzahl der Dienstjahre auf bis zu 11.000 Euro. Steuerpflichtige oder den Freibetrag übersteigende A. können u.U. als  außerordentliche Einkünfte (§ 34 II EStG) nach der so genannte Fünftel-Regelung begünstigt besteuert werden (§ 34 I EStG; Progressionsglättung).
- b) Beim Arbeitgeber: A. stellen  Betriebsausgaben dar.
- 7. Sozialversicherung: A. unterliegen nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.
- 8. Abfindung von Anwartschaften aus einer  betrieblichen Altersversorgung: Nach § 3  Betriebsrentengesetz (BetrAVG) können auch mit ausdrücklicher Zustimmung des Arbeitnehmers mit befreiender Wirkung für den Arbeitgeber nur geringfügige Anwartschaften abgefunden werden.
- Vgl. auch  Betriebsrentengesetz (BetrAVG).
III. Sozialversicherungsrecht und soziales Entschädigungsrecht:1. Gesetzliche Rentenversicherung: Nach §107 SGB VI erhalten Witwen und Witwer bei einer ersten Wiederheirat eine Abfindung höchstens des 24fachen Monatsbetrages der Witwen-/Witwerrente. Die Berechnung des Monatsbetrages bestimmt sich dabei nach § 107 II SGB VI. Eine Bestandsschutzregelung enthält § 269a SGB VI als Sondervorschrift zu § 107 SGB VI. Der Witwen-/Witwerrentenanspruch kann wiederaufleben, wenn die neue Ehe z.B. durch Tod oder Scheidung aufgelöst wird (§§ 46 III, 243 IV SGB VI).
- 2. Gesetzliche Unfallversicherung: (§§ 75 ff. SGB VII). Nach Abschluss einer Heilbehandlung kann der Unfallversicherungsträger die Versicherten mit einer Gesamtvergütung in Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes abfinden, wenn nur eine  Rente als vorläufigen Entschädigung in Betracht kommt. Auf Antrag des Versicherten können auch Dauerrenten abgefunden werden (§§ 76, 78, 79 SGB VII). Die Abfindung bei erster Wiederheirat einer Witwe oder eines Witwers ist in § 80 SGB VII geregelt und entspricht der Vorschrift des § 107 SGB VI. Auf Antrag lebt die Rente wieder auf, wenn der Versicherte nach der Abfindung Schwerverletzter im Sinn des § 57 SGB VII wird.
- 3. Arbeitslosenversicherung: Wird bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung gezahlt (das SGB III spricht in § 143a allgemein von „Entlassungsentschädigung“) so kann diese Zahlung zu einem Ruhen des Anspruchs auf  Arbeitslosengeld führen. Kein Ruhen aufgrund dieser Regelung tritt dann ein, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder der Abschluss eines Auflösungsvertrages unter Einhaltung der für den Arbeitgeber maßgeblichen Kündigungsfrist erfolgt ist. Wird diese Kündigungsfrist dagegen nicht eingehalten, führt die Zahlung einer Entlassungsentschädigung dazu, dass ein ansonsten bestehender Leistungsanspruch vorübergehend oder auch ganz in Wegfall kommt. Bei der sog. „Unkündbarkeit“ eines Arbeitsverhältnisses etwa aufgrund tariflicher Regelungen, die den Ausschluss der ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung vorsehen oder eine Kündigung nur bei Zahlung einer Abfindung zulassen, gelten für die Feststellung, ob ein Ruhen eintritt, gesonderte von der ansonsten maßgeblichen arbeitgeberseitigen Kündigungsfrist abweichende Obergrenzen. 4. Soziales Entschädigungsrecht: a) Eine A. von Beschädigtenrenten von Kriegs- und Wehrdienstopfern ist nach §§ 72 ff. BVG zu bestimmten Zwecken (z.B. zum Erwerb eigenen Grundbesitzes) und in der Regel nur bis zum 55. Lebensjahr möglich.
- b) Eine Witwe, die nach dem Tode des Beschädigten wieder heiratet, erhält eine A. in Höhe des 50-fachen der monatlichen Grundrente. Der Anspruch auf Witwenversorgung erlischt, lebt aber wieder auf, wenn die neue Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt wird (§ 44 BVG).

Lexikon der Economics. 2013.

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